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Federleicht und pfeilschnell
Calbitzer Sebastian Raca züchtet Mazedonische Sturzdrehtauben
Auf Kommando losstürzen. Hören auf das erste Wort, oder besser den ersten Pfiff. Ungefragt das tun, was verlangt wird. Woran denken die meisten Menschen bei diesen Fakten? An einen Hund? Einen Soldaten? Was sich anbieten würde. Aber es gibt noch etwas anderes, auf das diese Einschätzung zutrifft - die Mazedonische Sturzdrehtaube.
Rund 150 dieser meist zweifarbigen Schönheiten mit weißen Köpfchen nennt Sebastian Raca sein Eigen, und er liebt sie über alles -nach seiner Familie, versteht sich. In diesen Tagen bereitet sich der aus Mazedonien stammende 38-Jährige auf die Lipsia vor, die wohl wichtigste Schau, der Olymp für Taubenzüchter. Aber der Calbitzer möchte gar nicht selbst daran teilnehmen. Er wird mit etwa 20 seiner Tauben eine Schau vorführen, und er ist gespannt, wie die Tiere darauf reagieren, ihre Künste erstmals unter einem Dach zu zeigen.
Und was können Sturzdrehtauben? Sie halten, was der Name verspricht. „Die Tauben fliegen los, wenn ich ihnen das Kommando gebe. Haben sie eine bestimmte Höhe und Entfernung erreicht, locke ich sie mit anderen Tauben in der Hand, in der Fachsprache „droppen" genannt. Nach einem Pfiff reagieren die Tauben in der Luft sofort und orientieren sich auf mich. Dann stürzten sie sich im wahrsten Sinn des Wortes senkrecht vom Himmel, wobei sie sich wie ein Korkenzieher um die eigene Achse drehen, in meine Richtung zu den Tauben in meiner Hand, die mit den Flügeln flattern", erklärt der Züchter.
Wie kleine gefiederte Kunstflieger demonstrierten sie ihre Turns (Kehre im Kunstflug - d. Red.). Diese Tauben unterschieden sich von den Brieftauben darin, dass sie am Himmel ihre Runden fliegen und auf die Signalpfeife warten, bevor sie wie ein Pfeil in Tiefe schießen. Auf die Frage, ob er schon an vielen Wettkämpfen teilgenommen hat, antwortet er, dass er sich nichts aus Pokalen macht. „Manche Züchter halten Tauben, um Pokale zu bekommen. Ich halte sie für mich und Leute, die sich dafür interessieren. Es macht mir Freude." Die sei mit ihm gewachsen, denn der junge Mann züchtet schon in der dritten Generation. „Mein Opa hatte solche Tauben, mein Vater und jetzt ich. Diese Tiere stammen aus meiner Heimat. Ich züchte sie traditionell."
Das beginne mit der artgerechten Haltung. Im Schlag würden sie natürlich auf der Stange sitzen oder dort, wo es ihnen gerade beliebt. Aber unter freiem Himmel, wenn sie nicht gerade flögen oder stürzten, liefen sie grundsätzlich alle auf dem Boden. Wenn immer es Leute interessiert, führe er den Menschen vor, was seine Tauben können. Übrigens fliegen und stürzen sei nicht das Einzige. „Sie können, wenn ich es ihnen antrainiere auf einem Tablett landen, aus der Hand fressen oder sogar aus dem Mund. Sie sind sehr gelehrig", lobt er diese zarten Schönheiten, von denen er jede einzelne kennt und erkennt.
Gern erinnern sich Sebastian Raca und seine Frau Heike an Begebenheiten, wie die Hochzeit am Freitag, dem 13. Juli, in diesem Jahr. Hier habe er der Hochzeitsgesellschaft und vor allem dem Brautpaar eine Freude bereitet, in dem er zwei seiner Tauben auf einem Tablett landen ließ, das Braut und Bräutigam hielten. Ebenfalls im Sommer dieses Jahres hatte der Calbitzer Taubenfreunde zu sich eingeladen. Gekommen waren über 20 Interessenten, unter anderem der leidenschaftliche Taubenzüchter Knut Strittmatter, der Sohn des 1994 verstorbenen Schriftstellers Erwin Strittmatter. Egal, wer seine Überflieger kennen lerne, alle seien begeister von dem Taubenkunstflug. Angesteckt ist übrigens auch schon der siebenjährige Sohn Leonard. „Er muss sich jedoch zuerst auf die Schule konzentrieren", meint der Papa, der mächtig stolz ist auf seinen „Benjamin". Schließlich war der gebürtige Mazedonier und gelernte Friseur damals genau so jung wie sein Sohn, als er seine erste Taube geschenkt bekommen hat. (Quelle: OAZ vom 30. November 2007)