40 Jahre DDR

Diese Periode ist schon Geschichte. Aber man kann um diese Zeit keinen Bogen machen. Auch sie wird Bestandteil der gesamtdeutschen Geschichte. Auch in dieser Zeit entstand in unserem Dorf Bleibendes. Die ersten Jahre nach Kriegsende waren nicht leicht. Viele Flüchtlinge hatten auch in Calbitz eine Bleibe gefunden. Die Menschen waren von Hunger, Not und dem Fehlen der notwendigensten Dinge geprägt. Die Sowjetarmee und die Armeen der übrigen Alliierten hatten mit großen Opfern uns vom Faschismus befreit. Aber es gab auch nach dem Kriegsende durch die Sowjetarmee noch neue Opfer in unserem Dorf, auch Plünderungen u. a., Freundlichkeiten und Hilfe, besonders gegenüber Kindern, wurden aber auch getätigt. Die Jahre nach 1945 waren schwere Jahre. Auf den Feldern der Bauern wurden die Ernten gestohlen, selbst Kaninchenställe brach man auf. Hunger tat vielen sehr weh.

Noch 1948 betrug die tägliche Ration auf der Lebensmittelkarte eines Arbeiters oder Arbeiterin:

18 Gramm Fett

40 Gramm Fleisch

35 Gramm Zucker

30 Gramm Marmelade

65 Gramm Nährmittel

475 Gramm Brot

Textilien gab es auf Punktkarte,

Tabakwaren auf Raucherkarte ab 18 Jahre!

In dieser Zeit bauten unter schwierigen Bedingungen die Neubauern ihre Gehöfte. Einige tausend Mark Kredit brachten noch keine Baumaterialien. Tausch und Schwarzhandel mußten Benötigtes herbeischaffen. Der Abriß des Schlosses war ein unverzeihlicher Fehler, es hätte unbedingt erhalten werden müssen mit seinem schönen Park!

Mit Fleiß und großen Anstrengungen produzierten die Bauern und Neubauern des Dorfes Nahrungsmittel, um die Ernährungssituation zu verbessern. Sie wurden unterstützt durch die 1949 in Dahlen gegründete MAS, welche einen Stützpunkt in Kötitz einrichtete. Nach der Gründung der DDR kam es zu einer Verbesserung der Lebenslage.

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Im Dorfkonsum im Haus Püschel konnte man nicht nur Lebensmittel einkaufen. Die fünfziger Jahre waren aber auch geprägt durch relativ strenge Winter (Temperaturen unter minus 20 Grad!) mit großen Massen von Schnee.

Kultur hatte in Calbitz schon immer Tradition. Männerchor und Sportbewegung waren aus dem Dorf nicht wegzudenken. Später erfolgte dann die regelmäßige Durchführung von Dorffestspielen. Auch Kinderfeste und kulturelle Veranstaltungen der aktiven Freiwilligen Feuerwehr gehörten ebenso zur Dorfkultur. Man pflegte noch in dieser Zeit viel Geselligkeit, da das Fernsehen das Dorf noch nicht erobert hatte.

Den ersten Fernsehapparat des Dorfes hatte dann Helmut Braune in seiner Gaststube und damit entstand die Konkurrenz für den regelmäßigen im Dorf spielenden Landfilm, der, um die Kassen zu füllen, an einem Abend gleich zwei Spielfilme auf einmal abrollen ließ, einen politischen Film wie Ernst-Thälmann-Film (wegen-der Statistik) und einen alten, lustigen Film, zum Beispiel „Der verkaufte Großvater". Keiner wußte mit welchem Film begonnen wurde. So waren am Anfang alle da und bezahlten auch anstandslos beide Filme.


In der Schule entstand unter der Leitung der unvergessenen Delly Schallschmidt und unter der Mithilfe ihrer Eltern, dem Ehepaar Vetterlein, das Ensemble der tanzenden Jungen Pioniere.

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Die Calbitzer Tanzgruppe wurde schnell über die Kreisgrenzen hinaus bekannt und beliebt. Später wurde sie auch vom Fernsehen entdeckt und republik-bekannt.

Ende der fünfziger Jahre verbesserte sich dann auch die Wohnungssituation durch den Umbau des ehemaligen Inspektorhauses des Rittergutes zu Wohnungen und den Bau des ersten Neubaublocks für 18 Familien. Später erst entstanden dann die ersten Eigenheime.

Am 16. Dezember 1962 eröffnete das neue Landwarenhaus des Konsums seine Pforten. Da war was los. Was gab es in den ersten Jahren nicht alles dort zu kaufen, Lebensmittel, Textilien, Kühlschränke, Fernseher, ach man kann gar nicht alles aufzählen. Mit den Jahren jedoch vergrößerte sich die Verwaltung des Konsums und die rationalisierte dann immer mehr Waren aus dem Angebot weg, zum Ärger der Dorfbewohner.

Die Zentralschule Calbitz entwickelte sich in dieser Zeit zur zehnklassigen, polytechnischen Oberschule. Ein neues Schulgebäude war dringend erforderlich. Im Februar 1964 konnte das neue Gebäude mit 12 Unterrichtsräumen bezogen werden. Es war trotzdem noch zu klein. Direktor Helfried Kühne gestaltete mit dem Lehrer- und Schülerkollektiv sowie dem damaligen Hausmeister Beier die schönen Außenanlagen und eine freundliche Innengestaltung. Elf Jahre später erhielt die Schule den Namen des Arztes und Schriftstellers „Friedrich Wolf' verliehen.

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1967 entstand in Kötitz der zweite Wohnblock für 24 Familien aber in Großplattenbauweise. In der Holzlandstraße und in der Flurstraße entstanden nach und nach Eigenheime. Drei Tierärzte ließen sich im Dorf nieder. Im neuen Kötitzer Wohnblock entstand die Staatliche Arztpraxis von Frau Roswitha Hofmann.

In den siebziger Jahren sollte auch im Park Kötitz durch die LPGs von Luppa und Dahlen ein Kulturhaus entstehen. Das erste Baumaterial rollte bereits an. Aber eine bürokratische politische und staatliche Führung des Kreises verhinderte diesen Bau. Die Initiative und Begeisterung dafür verstarb. Die Zwänge einer verfehlten Planwirtschaft verhinderten auch den Bau der Turnhalle.

In den achtziger Jahren entstanden im Kötitzer Park durch die LPG aber eine wunderschöne Kinderkrippe und ein weiterer Wohnblock. In der Flurstraße entstanden außerdem 13 Doppelhäuser in Plattenbauweise und weitere Eigenheime. So wurde die Flurstraße wirklich zu einer Millionenstraße.

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Im Dorf hatten alle Arbeit. Selbst Rentnerinnen arbeiteten gern in der Daveka in Dahlen, wurden sie doch mit dem Bus geholt und wieder zurückgebracht. Die Schule wuchs auf über 400 Schüler an, welche von 27 Lehrern und Erziehern und vielen technischen Kräften gebildet, erzogen und betreut wurden. Durch den Tod von Delly Schallschmidt gab es dann leider auch keine Tanzgruppe mehr.

Die Kleinproduktion von Tier-, Obst- und Gartenprodukten, Tabak-und Honigerzeugnissen hatte in Calbitz einen hohen Stellenwert. Im Gegensatz zu den anderen Dörfern erhielten sich in Calbitz rund ein Dutzend Handwerksbetriebe, welche viele Dienstleistungen für die Bevölkerung, auch außerhalb von Calbitz, erbrachten.

(Quelle: Calbitz am Collm 1292-1992, von Siegfried Heidler)